Sprache prägt unser Denken – und damit unsere Realität. Sie kann Räume öffnen oder uns unbemerkt eingrenzen. In dieser herbstlichen Reflexion geht es darum, wie wir sprachliche Muster loslassen können, die uns klein halten – und mit einfachen Veränderungen unsere Vorstellungskraft befreien.
Hier kannst du die passende Podcast-Folge anhören (erschienen am 15.10.2019):
Sprachliches Detox: 4 Impulse für eine Sprache ohne innere Grenzen
Der Herbst ist die Jahreszeit des Loslassens. Die Natur zeigt es uns ganz selbstverständlich: Bäume werfen ihre Blätter ab, was nicht mehr gebraucht wird, darf gehen. Warum sollten wir nicht dasselbe tun – mit unseren Gedanken und unserer Sprache?
Denn was wir denken, hängt stark davon ab, wie wir sprechen. Sprache beeinflusst unsere Wahrnehmung – und damit auch, was wir für möglich halten. Es lohnt sich also, hinzuschauen: Welche sprachlichen Gewohnheiten engen dich ein? Und wie kannst du sie loslassen?
Sprachliche Grenzen wirken im Kopf
Es gibt Begriffe, Redewendungen und Formulierungen, die sich leise in unseren Alltag schleichen. Sie erscheinen harmlos, sind es aber nicht – weil sie Denkgrenzen setzen. Und was wir uns nicht vorstellen können, können wir auch nicht umsetzen.
Der Philosoph Ludwig Wittgenstein hat das einmal so gesagt:
„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“
Sprache kann wie ein inneres Gefängnis wirken – ähnlich wie bei Harry Potter: Im Zauberergefängnis Askaban halten nicht Mauern die Gefangenen fest, sondern düstere Wesen namens Dementoren, die Hoffnung und Freude aussaugen. Die Häftlinge könnten theoretisch fliehen – tun es aber nicht, weil sie sich innerlich gefangen fühlen. Erst wer einen sogenannten Patronus beschwört – ein leuchtendes Wesen, das aus der eigenen Vorstellungskraft geboren wird –, kann sich befreien.
Und genau das tun wir auch, wenn wir bewusst mit Sprache umgehen: Wir aktivieren unsere innere Vorstellungskraft und lassen Denk- und Sprachmuster los, die uns nicht mehr dienen.
Hier kommen 4 Möglichkeiten, wie das gelingen kann.
1. Frag nicht, ob du etwas kannst – frag wie
Wenn wir eine Idee haben – z. B. einen Podcast starten willst – kommt oft sofort der Gedanke: „Kann ich das überhaupt?“Die Frage klingt harmlos, aber sie bringt unseren Fokus auf Zweifel, Hindernisse und Gründe, warum es nicht geht.
Viel kraftvoller ist die Frage:
„Wie kann ich das machen?“
Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf Lösungen, Möglichkeiten und konkrete Schritte. Wir kommen ins Tun – und bauen ein völlig anderes Feld auf. Statt Blockade entsteht Bewegung.
2. Sag nicht: „Ich kann das nicht“ – sondern: „Ich kann das noch nicht“
Ein kleines Wort macht einen großen Unterschied: „Noch“.
Denn es öffnet die Tür zur Entwicklung.
„Ich kann das nicht“ ist wie ein Schlussstrich – als wäre deine Fähigkeit in Stein gemeißelt.
„Ich kann das noch nicht“ sagt: Ich bin auf dem Weg. Ich darf lernen, wachsen, scheitern – und trotzdem dranbleiben.
Diese Formulierung gibt dir die Erlaubnis, unfertig zu sein. Und das ist die Voraussetzung für jedes Wachstum.
3. Lass das Wort „versuchen“ los
Formulierungen wie „Ich versuche mal …“ klingen höflich oder vorsichtig – sind aber oft Ausdruck von innerer Unsicherheit. Sie lassen die Tür gleich wieder einen Spalt weit offen für den Fall, dass etwas nicht klappt.
Beispiel: Stell dir vor, du sitzt und jemand sagt: „Versuch mal aufzustehen.“
Mach das mal bewusst. Du merkst: Entweder du stehst auf – oder eben nicht. Es gibt kein „Versuchen“.
Deshalb:
Sag statt „Ich versuche es“ lieber „Ich mache es“, „Ich gehe es an“ oder „Ich werde es tun“.
Damit übernimmst du Verantwortung – und kommst in deine Kraft.
4. Vermeide falsche Identifikation
Sätze wie „Ich bin halt schüchtern“, „Das ist typisch für mich“ oder „So bin ich einfach“ sind weit verbreitet – aber oft nicht hilfreich.
Denn jede Identifikation schränkt dich ein. Sie fixiert dich auf einen Zustand und blendet alles aus, was du darüber hinaus noch bist – oder sein könntest.
Du bist nicht nur kreativ oder nur analytisch, nicht nur leise oder nur laut.
Stattdessen:
„Ich bin kreativ – und ich bin noch viel mehr.“
Diese Ergänzung macht Platz für Entwicklung. Sie öffnet deine Vorstellungskraft – und deine Handlungsspielräume.
Sprache ohne Grenzen = Denken ohne Grenzen
Wenn du diese vier sprachlichen Muster veränderst, passiert etwas Großes: Du öffnest deinen inneren Raum. Du gibst dir selbst die Erlaubnis, mehr zu denken, zu fühlen und zu verwirklichen, als du bisher für möglich gehalten hast.
Sprache ist nicht nur ein Mittel zum Austausch – sie ist ein Werkzeug zur Selbsterkenntnis und Veränderung.
4 Impulse zum Loslassen – im Überblick
- Frag nicht, ob – frag wie.
Statt: „Kann ich das?“ → Besser: „Wie kann ich das umsetzen?“ - Sag „noch nicht“ statt „nicht“.
Statt: „Ich kann das nicht.“ → Besser: „Ich kann das noch nicht – aber ich werde es lernen.“ - Lass das Wort „versuchen“ weg.
Statt: „Ich versuche es.“ → Besser: „Ich mache es.“ - Erweitere deine Selbstbeschreibung.
Statt: „Ich bin so und so.“ → Besser: „Ich bin das – und noch viel mehr.“
Fazit: Sei dein eigener Patronus
So wie in Harry Potter der Patronus durch Hoffnung, Vorstellungskraft und innere Stärke entsteht, kannst auch du deine Sprache bewusst einsetzen, um dich selbst aus gedanklichen Einschränkungen zu befreien.
Der Herbst ist eine wunderbare Zeit dafür. Lass los, was dich sprachlich klein hält. Schaffe Raum für das, was wachsen will – in deinem Denken, Fühlen und in deinem Leben.